Archiv des Autors: malteloos

Miniseminar Karate

Hallo,

Wir freuen uns auf Euch!

Diesen Herbst machen wir ein konzentriertes Karateseminar. Wir halten es kurz und knapp und bleiben in Berlin. Wir üben Techniken im Äußeren und erfahren uns selbst im Inneren. Thema ist Loslassen als Kunst der Selbsterfahrung. Geeignet für Anfänger und Fortgeschrittene. Details im Flyer anbei. Wir freuen uns auf Euch! 

Fragen etc bitte stellen unter 0174 3790176 oder malte@innere-stille.net!!!

Hoch zum Himmel…

Hi,

unsere Mittwochsstunden wandern höher ans Licht. Ab dieser Woche üben wir regulär im 4. OG des Zentrum für Yoga und Stimme, nicht mehr im 3. OG. Die Zeiten blieben dieselben, also 18:30 Uhr für die stillen Stunden und 20:5 Uhr für’s Karate.

Der vierte Stock ist viel fliessender und heller, dafür etwas weniger erdig als der dritte. Wir freuen uns!

Gruß aus den Bergen…

Hallo Ihr,

 

diese Woche habe ich mich noch einmal in die Berge zurückgezogen. Siehe Bild anbei … Jan macht die Karatestunde am Mittwoch zur gewohnten Zeit im dritten Stock des ZYS.

Bitte sagt ihm Bescheid, ob Ihr kommen könnt und wollt und zwar am besten per SMS auf +49 177 4721099.

Er übt weiter anfängergerecht sich gehen zu lassen in seine Bewegung, am besten in einen Roundhousetritt.

Ab nächste Woche ist wieder alles normal.

 

 

Schönen Gruß in die Ebene!

Sommerpause

Ihr Lieben,

 

wieder mal ein Halbjahr rum…wir verabschieden uns in die Sommerpause. Ab 8. August gibt es ein eingeschränktes Training am Mittwoch, ab 26. August läuft das Training wieder normal.

 

Dazwischen denken wir an nichts, geniessen und erholen uns gut.

 

Lieben Gruß!

 

Malte

Das Sommerseminar

Ihr Lieben,

letztes Wochenende waren wir für das Sommer Stille Seminar in Strodehne an der Havel. Das war erstens wunderschön. Marions Werners Seminarhaus steht fast direkt am Fluss und ist sehr einladend und warm – genau wie sie selbst.

Es war auch sehr schön produktiv.  Wir haben unser Üben in den letzten Jahren ein bisschen vom Kopf auf die Füsse gestellt, vom körperlich induzierten rauschhaften Erleben des eigenen Selbst hin zur inneren Freiheit von Gefühlszwängen und Gewohnheiten. Diese Freiheit herzustellen und zur Schaffung innerer Harmonie zu nutzen sind wir dieses Jahr eintüchtiges Stück vorangekommen.

Abendwiese

Im Seminar haben wir zunächst geübt, so ab zu lassen von inneren Beschäftigungen, Lasten, Ängsten etc, dass wir in unserem Innern sein konnten. Dabei beruhigt man sich zumeist und die Betonung wandert von selbst von in uns sein zu in uns „sein“.

Die Aufgabe dabei ist, eben nicht alle andere Beschäftigung fort zu schicken, herabzusetzen oder zu bekämpfen, sondern von ihr abzulassen und den Raum ohne Tun immer genauer wahrzunehmen und immer tiefer in seine Mitte zu treten. Auf dieser Wahrnehmung zu verharren und sich mit dem scheinbar unbedeutenden, kleinen Sein, das keine Leistung erbringt,  zufrieden zu geben, ist eine große Kunst.

Die von zwanghaftem Tun ganz verschiedene Mitte ist auch körperlich ganz entspannt. Man kann einfach gar nicht mit machen mit den inneren Zwängen, so weich ist man. Man erfährt aber auch erst, wie tief die eigene Wärme sich gründet und kann sie tief in sich zurückverfolgen. Man nimmt sich in die Tiefe wahr.

Etwas paradoxerweise ist ein Sein, das sich mit sich selbst bescheiden und ablassen kann von äußerlich veranlasster Beschäftigung, dann frei, sich mit reiner Wärme einer Person, einem Thema oder einem Gedanken zuzuwenden und dieses freundlich zu empfangen und zu stützen, wo es diesem oder dieser wohl tut.

Dieses Fähigkeit, sich ohne weiteren Gedanken oder Zweckhaftigkeit an dem zu orientieren, was den anderen ebenso pur, also nicht vermittelt durch größere Zielsetzungen, stützt, begründet gerade eine harmonische, nicht am Gegensatz geprägte Beziehung, die auch dem anderen eine Erneuerung in der Substanz und wechselseitige Teilhabe an der jeweiligen Substanz erlaubt.

Je purer die eigene Präsenz, desto freier ist man, sich dem anderen zu zu wenden und ein neues, Gemeinsames zu schaffen.

Strasse ins Licht

Wir haben das im Seminar mehrfach ausprobiert in Beziehung mit einem anderen Teilnehmer, bei dem wir nur dessen Bedürfnisse beobachtet haben und gar nicht so sehr seinen Inhalten gefolgt sind.

Das gleiche Prinzip gilt aber auch im Umgang mit sich selbst. Der freie Teil des Seins kann sich eben den ablenkenden, mal freudvollen, mal schmerzlichen, verunklarenden, betäubenden, etc. Teilen frei zuwenden und sie ernstlich willkommen heißen.

Damit aber kann er die innere Spaltung aufheben, zwischen Beschäftigung und Sein und die beiden zu einem inhaltlich ganz neuen, harmonischen Sein verschmelzen.

Dieses ist dann weder das ganz stille vom Anfang der Übung noch ist sein Inhalt gleich dem vom Sein abgeschotteten Tun. Es fügt sich zu einem ganz anderen Wesen zusammen, dessen Gefühlshaushalt vor allem durch die Abwesenheit innerer Spaltung geprägt ist. Man mag sich dann und was man tut.

Das fand ich ziemlich großartig. Wir haben das im wesentlichen ausprobiert daran, etwas sehr Schönes, also die Empfindung fließender Qi Gong Bewegung in uns einzuladen. Es klappt aber eben auch bei anderen, primär weniger angenehmen Dingen, die man in sich trägt. Das ist dann echte Heilung.

Strahlen

Das willkommen heißen ist dabei natürlich nur ein Schritt neben vielen anderen, die man mit inneren Lasten machen kann. Wir haben in Verbindung mit jemand anderes mit Bilateraler Stuimulation und Briefe schreiben ja zwei davon ausprobiert. Aber echtes Willkommen heissen ist eben ein ganz wichtiger, der erst die Basis für alles andere darstellt.

Ich glaube, wir haben ein gute Basis gelegt für weitere Entwicklungen. Im Herbst machen wir im Karate Seminar in Stolzenhagen weiter.  Jetzt ist erstmal Sommer  – ich hoffe alle können ihn geniessen und sich gut erholen!

Malte

 

 

Kunst und die Basis der Unmittelbarkeit

Ihr Lieben,

 

(Schaffen und Sein)

Unmittelbarkeit ist ein großes Ziel unseres Übens. Wenn man von einer Erzählung, Bezugnahme oder vorgefasstem Rahmen ablassen kann, gewinnt unser Hirn paradoxerweise erst Raum für Präsenz, Unverfälschtheit und flexible Sichten.

Solche Unverfälschtheit auch in seiner Außenwelt abzubilden, ist ein natürlicher Drang des Menschen. Wie in allem ist Innenwendung schwierig und man ist leicht versucht zu glauben, dass man es im Äußeren einfacher findet als in sich selbst.

Eine äußere Abbildung ungefilterter Substanz zu schaffen ist aber ziemlich schwierig, denn Referenzen und geistige Abbildungen sind unerlässliche Krücken, wenn wir uns in  der Welt fortbewegen. Jede Handlung, ganz gleich ob Faustschlag oder Pinselstrich benötigt Rückgriff auf Gelerntes, auf Kontrolle und abrufbare neurologische Muster. Wenn wir etwas erschaffen, finden wir uns unausweichlich in einem Spannungsfeld von Ungeformtem und in uns Geformtem. Wir wollen etwas nicht da Gewesenem Form geben mit Inspiration aber eben auch mit Werkzeugen, die in uns geformt und abgespeichert sind. Das gilt für einen Gedanken, ein Wort, ein Bild genauso wie für eine Skulptur oder eine Karatebewegung.

Meist orientiert sich Erschaffenes dann auch an Bekanntem, sei es in Kopie, Weiterentwicklung oder, besonders beliebt und befreiend empfunden,  Gegenreaktion. Ganz so wie wir es bei genauer Beobachtung auch in unseren Gedanken und Gefühlen wieder finden, die sich ja auch meist gegen etwas richten und nur gelegentlich auf etwas. Sie bauen auch fast immer auf unbewussten Prämissen auf. Eine bezugslose Essenz zu erschaffen ist im Inneren schon schwierig. Im Äußeren wird es noch seltener.

(Florenz und der Aufbruch der Renaissance)

Europa ist in seiner ganzen Ausdrucksweise nach dem Mittelalter von der Renaissance geprägt.  Renaissance, Barock, Rokoko oder Klassizismus leiten sich alle ab aus ein paar Jahrzehnten kreativen Feuers in Italien im 15. Jahrhundert. Die Wahrscheinlichkeit, dort einen bezugslosen, essentiellen Ausdruck zu finden, der sich eben an nichts orientiert und dadurch essentieller berührt als andere, die auf etwas Bezug nehmen, sollte also recht groß sein.

Und …voila…Anfang des Monats da gewesen und gleich dreimal fündig geworden.  Bei Da Vinci in den Uffizien, bei Donatello in San Lorenzo und im Dom Museum. Da gab es auf ihre Essenz reduzierte Bewegung und alle Form abschüttelnde seelische Erhöhung und manchmal beides zugleich. Eine Kreation, die keinen Bezug nimmt und sich nicht abgrenzt, aber gerade deswegen die Essenz dessen, was sie vermitteln will, besonders unverfälscht vermittelt und ins Hirn einsinken lässt. Und auf die sich alle nachfolgenden in irgendeiner Form beziehen.

(Irrwege der Betrachtung und ungesteuerte Empfindung)

Bei allen dreien, einem Gemälde der Anbetung der Heiligen Drei Könige von Da Vinci, den Kanzeln von Donatello in San Lorenzo und seiner Statue der Maria Magdalena gab es ein merkwürdiges Phänomen – das Hirn musste sich erstmal einsehen. Es wird erst einmal auf eine irreführende Bahn geführt, hin zur äußeren Form, die bei allen drei Werken erstmal gar nicht so attraktiv wirkt.

Dann aber scheint es, als ob sie alle drei ihre äußere Form abschütteln wie Einwickelpapier. Das Hirn kann sich gar nicht dagegen wehren, wegzudenken driften von seinem Versuch, das Gesehene in bekannte Muster einzuordnen. Stattdessen zieht sich die Gewahrsamkeit nach innen zurück und man erlebt die Botschaft des Werks nicht als ein Erkennen, Einordnen und Verstehen sondern als eine unkontrolliert einsickernde Empfindung, die durch das Stammhirn geistert und nicht zu stoppen ist. Man spürt, zum Beispiel Bewegung, und sieht sie nicht und hat auch keine Kontrolle darüber, wohin sie sich bewegt. Weder inhaltlich – Figuren scheinen sich zu bewegen obwohl sie es ja gar nicht tun – noch im eigenen Körpersystem, man kann gar nicht kontrollieren, wo die Bewegungsempfindung auftaucht.

 

Die instinktive Empfindung, die sich in einem bildet, muss zudem gar nicht unbedingt etwas mit dem Dargestellten, visuell Erfassbaren zu tun haben. In verschiedenen Weisen hinterliessen alle drei Werke eine Erhöhung im Innern. Als ob sie beim Abschütteln der äußeren Form auch die  äußere Form des Betrachters zerspringen lassen. Man spürt förmlich, wie man in die Höhe wächst. Erhöht wird. Größer wird. Und heller.

Bewegung als Eindruck – die Anbetung der Heiligen Drei Könige von Leonardo Da Vinci)

Die Essenz von Bewegung hat Leonardo Da Vinci in seiner Anbetung der heiligen Drei Könige erhascht. Da tummeln sich ziemlich viele eigentlich erstmal recht unfreundliche Gestalten. Tiefe Augenhöhlen, grimmige Mienen, die erstmal nicht so recht zum freudigen Ereignis zu passen scheinen. Sie bilden um das Jesuskind einen unregelmässigen Ring, sind nur zum Teil fertig gemalt und stoßen eher ab, als dass sie anziehen.

 

Wenn man sich aber ein bisschen Zeit nimmt und beispielsweise der Riege von jungen Männern hinter der Hauptszene Gelegenheit gibt zu wirken, vielleicht einen Moment in eines der Gesichter schaut, es ist eigentlich egal welches, das Pferd eingeschlossen, oder ihre Linie insgesamt wirken lässt, der empfindet bald ein gewisses Ziehen im Innern. Die Figur tritt auf einmal ganz plastisch hervor und man kann auf einmal gar nicht mehr sagen, ob er gerade nach links oder nach rechts geschaut hat. So unkontrolliert erwachen sie zum Leben, dass sie gleich aufstehen und loslaufen könnten, oder vielleicht auch schunkeln. Vor allem aber ist man nie sicher, was sie gerade tun. Bewegung blitzt in Fragmenten durch das Hirn, ungesteuert, intuitiv, ohne Objekt selbst generiert, fast priapisch fliehend.

 

 

Bewegung so zu erfassen,  dass sie sich vorbeischleicht an unserem Erkenntnisapparat und durchgreifen auf unsere im Stammhirn abgesicherten Intuitiven Bewegungsreflexe und Instinkte, dass sie in uns ein eigenes Leben annimmt, dass sie in uns das Reine an Abzweigung hervorruft – das ist essentielle Kreation. Das ist Bewegung pur, in reinster Form, die Da Vinci auf die Leinwand hat bannen können – so sehr, dass sie sich unserer Einordnung entzieht und ungeordnet in uns  Bewegung auslöst. Die können wir nicht mehr festnageln an einem Objekt oder Referenzrahmen oder einer Erzählung. Sie entgleitet uns und turnt einfach in uns herum.

Das ist reine Berührung. Ich würde sie gerne mal unter einem MRT angucken….

Alles was an Barocken Wolkenstürmen, Rubensschen Figuren Gesten,  Schlachtengemälden etc,  danach folgt, nimmt solch reine Bewegung auf und setzt sie unterbewusst voraus. Klebt sie aber an ein Erzählungsobjekt und hält uns im urteilenden, einordnenden  Bereich fest. Dagegen ist nichts einzuwenden. Aber Da Vinci’s Bewegung rauscht direkt an dem vorbei und vermittelt uns das reine Konzept von Bewegung. Das ist echte Ursprünglichkeit.

(Bewegung und Erhöhung – Donatello)

Donatello hat das 40 Jahre früher in seinen Kanzeln in San Lorenzo auch geschafft, zumindest in seiner Darstellung der Vorhölle. Da geistern die Verdammten in genau solch einer nicht fassbaren Bewegung auch schon herum. Davon gibt es leider keine guten Bilder im Netz.

Außerdem gibt es an dieser Kanzel eine Figur, die noch etwas anderes auslöst. Jesus steht vor Pilates und die Frau des Landpflegers stellt ihn vor. Sie bildet mit ausgestreckten Armen geradezu eine Brücke zwischen Pilates und Jesus. Wie alle anderen Gesichter ist ihres nur angedeutet und hohläugig. Wenn man sie aber ein bisschen länger betrachtet, erfasst einen eine ganz ähnliche, nicht kontrollierbare Empfindung – eine innere Erhöhung.

(Noch viel höhere Erhöhung – Maria Magdalena)

Dieses Erhöhungsgefühl verschafft in noch viel größerer Intensität eine andere Skulptur Donatellos – das Holzbildnis der alten Maria Magdalena. Donatello hat hier das Material gewechselt und löst entsprechende Assoziationen aus. Man sucht es erst als alpenländische Schnitzerei einzuordnen und ruft Erkennungsmuster aus einem Landshuter Souvenirshop ab. Oder aus einem Gruselkabinett. Hübsch ist sie erstmal nicht. ( Das Dommuseum stellt in anscheinend erzieherischer Absicht noch zwei Bildnisse von Maria Magdalena in jungen Jahren in den selben Raum.) 

 

Aber diese süßlichen und gruseligen Empfindungen weichen ziemlich bald einer ganz anderen. Wie lästige Ketten schüttelt die Figur die vorgefertigten Einordnungen ab und macht sich an ihr eigentliches Werk, das mit dem Bildthema der Figur gar nicht zu tun hat. Es ist nämlich formlos – man spürt sich nur auf einmal im Innern wachsen. Genau wie die Figur scheint man die äußeren Grenzen des Körpers abzuschütteln und zu durchbrechen. Man kann sich nur mit einigem Erstaunen dabei zu sehen, wie man erhöht wird. Auch erhellt. Und etwas verbreitert.

 

Es ist sehr instruktiv sich die Gesichter anderer Besucher dabei anzuschauen. Die verfallen alle in eine unkontrollierte Entspannung. Die kontrollierenden Elemente des Bewusstseins werden geschwächt, die Gesichtszüge weicher. Es ist kein kindisches Lächeln und sie sehen auch nicht also sie gerade Gras geraucht haben oder LSD genommen. Aber die Erhöhung lässt alle geformten Befassungen offensichtlich klein werden, löst die innere, analytische Struktur auf und lässt eine heitere, erhöhte  Klarheit an ihre Stelle treten.

Also ganz ähnlich einem Stille Seminar.

Ganz ähnlich zu einem Stille Seminar ist die Erhöhung auszuhalten emotional ziemlich anstrengend. Sie wirkt nach und auch wenn das Bewusstsein gerne wieder zu seinem vertrauten, fassbaren Terrain zurück kehren würde, kann es das nicht so einfach.

 

Donatello hat es also wiederum geschafft, beim Betrachter das gewohnte Einordnungssytem auszuhebeln und im Stammhirn ein unsteuerbares Gefühl von Grösse und Erhebung auszulösen. Es ist viel stabiler und ruhiger als die Bewegungsvielfalt Da Vincis, weniger sexuell geladen und dynamisch, dafür viel umfassender, beruhigender und tiefer. Es verschmilzt den Betrachter zu einer Einheit, die aber leicht und belebt ist und bildet dazu den genauen Gegenpol zu Da Vincis Chaos.

Im Ergebnis kann also wer will sich ganz viel innere Arbeit sparen und sie bei den richtigen Künstlern abholen. Man muss nur die richtigen finden und die müssen die Gelegenheit gehabt haben in Zeiten von offenem Umbruch zu arbeiten und trotzdem die notwendigen Ressourcen und das nötige Umfeld für Austausch und Lernen zu haben.

(Soziales Umfeld und Stütze)

Der gesellschaftliche Grundkonsens bestimmt ganz wesentlich was wir denken und fühlen können. Donatello, Brunelleschi und Botticelli hatten es in gewisser Weise einfach. In kulturell stabilen Zeiten, in denen die Normen infrage zu stellen auf Widerstand stösst, kann man nicht so frei und befördert arbeiten, wie sie es haben tun können. Wenn das Umfeld es nicht will, wird auch das grösste Genie nicht zum Neuerer sondern zum kämpfenden Spinner. Soziales Urteil kann ungeheuer fördern aber Bauchbremsen.  Ihre Zeit und ihr Ort stellten den Genies geradezu perfekte Bedingungen zur Verfügung, deren Spuren auch heute noch zu besichtigen sind.

 

(Wirtschaftliche und soziale Revolution)

Der  Nährboden, auf dem diese Geniestreiche entstanden sind, hatte erstmal eine ökonomisch/ soziale Komponente. Es gab eine ungeheure Zusammenballung von Kapital in der Stadt im 15 Jahrhundert. Da steht ein Renaissance Bankierspalast neben dem anderen, die ganze Innenstadt ein riesiges Bankenviertel. Die Florentiner hatten richtig Kohle, um sich Kunst leisten zu können.So reich geworden sind  die Bankiers dort aber eben genau, weil sie eine andere Form des Wirtschaftens erfunden, ganz wie die Künstler eine neue Form des Seins erfinden sollten. Mit der Einführung von Banken konnte, wer etwas übrig hatte, es jemand anderem geben, ohne ihn zu kennen. Das gab es vorher nicht. So konnten Projekte gestartet werden, die vorher nie im Leben in die Welt gekommen wären, weil sie an kein Kapital gekommen wären. So ist es kein Wunder dass die italienischen Städte im 12. und 13. Jahrhundert die deutschen Feudalheere abschütteln wollten ( und es auch geschafft haben letztlich. ) Sie waren einfach viel fortschrittlicher und effizienter als die ländliche Wirtschaftsweise Deutschlands. Das war  ein Menschheitssprung genauso groß wie der in der Kunst. Und eben auch einer, der den Geist öffnete für Neues. Die wirtschaftliche Revolution öffnete den Geist für Ungewohntes (Umgekehrt natürlich dann auch). Das machte sich bemerkbar in der republikanischen Verfassung ( wenn auch mit oligarchischem Einschlag für lange), die eben ein ganz anderes denken voraussetzte aber eben auch förderte.  Und so zu einer generellen Offenheit zu anderen Ideen führte.

(Kultureller Tidehub)

Und kulturell war da schließlich dieser Tidehub, der alles zugleich nach oben trug. Wenn man in die Kirchen geht, sieht man dort Unmengen an Fresken und Skulpturen, von denen viele nicht genial sind, aber ein Teil der  Konversation, wo jeder immer wieder einen kleinen  Schritt nach vorne macht und den Diskursraum bereichert, aus dem die Genies dann ihre Einfälle beziehen. Das war ein hoch konzentrierter Diskursraum, der Anregungen und Entwicklungen ermöglichte und an dem auch diejenigen, die sich nicht ganz lösen konnten aus der kirchlichen oder ander hergebrachten Verfassung wichtige Schritte machten. Als Beispiel eine Kapelle aus Santa Maria Novella.

 

Ganz praktisch sind die Spitzenkünstler abends nach der Arbeit ja alle zu Lorenzo de Medici nach hause zum Saufen gegangen und haben geklönt. Der Palazzo Medici Riccardo ist insofern gesehen ein geschichtlicher sehr bedeutsamer Ort und ein echter Schmelztiegel, den er geschaffen hat.

 

Zusammenfassende Lehren:

 

  1. Wer mir nicht glaubt, dass es Innere Stille gibt, fahre nach Florenz und stehe dort lange genug an den Museen an. Dort kriegt er es unwiderlegbar vorgeführt.
  2. Ursprüngliche Genese braucht einen Hintergrund. Dazu gehören harte Grundlagefaktoren ( Kapital) genauso wie weiche.
  3. Auch die vielen kleinen Schritten im Üben und Lernen, die eher ermüden als große Fortschritte zu bringen scheinen, sind sehr fruchtbar und notwendiger Teil des Erkenntnisprozesses. Man muss sie geduldig ertragen und lieben lernen. Da gilt für eine gesellschaftlichen Organismus genauso wie für uns als Einzelne.
  4. Man soll die Parallele zwischen Gesellschaft und Einzelnem nicht zu sehr übertreiben. Wir habe einen viel größeren Einfluss auf das, was wir tun und empfinden als eine Gesellschaft, die ja ganz automatisch mit  viel mehr Macht und Willenszentren ausgestattet ist. Die günstigen Bedingungen, um eine erzählungslose Kreation im Innern zu erschaffen, können wir viel leichter erschaffen, als  in einem ungeordneten gesellschaftlichen Prozeß. Innenwendung kann man mit einem geistigen Impuls auch selbst bewirken. Dann taucht sie auch nicht nur alle 500 Jahre einmal auf.

 

Sommerseminar zur Inneren Stille – Ortsänderung

Ihr Lieben,

 

Weisswasser bleibt uns verschlossen. Darum verlegen wir das diesjährige Stille Seminar nach Strohdehne an den Unterlauf der Havel. Dort ist es natürlich ganz anders aber ebenso schön. Wir haben viel Platz, Stille und klaren Himmel. Und Wildvögel. Und Weite. Und keine anstrengenden Berge. Wir können gut arbeiten, verkürzen unseren Aufenthalt aber um 2 Tage. Das Seminar geht von Freitag Abend ( den 13 . Juli ) bis Montag Nachmittag, den 16. Juli.

Hier ist die aktuelle Beschreibung.

 

Dear All,

our hut in Weisswasser remains inaccessible. Therefore we move the stillness seminar to Strohdehne, close to the Havel river northwest of Berlin. There is lots of space there, clear skies, and wild birds. No tiring mountains. We will work well but shorten our stay a bit – the seminar runs from July 13 to July 16 th only.

 

See you all in Strohdehne!

 

Malte

 

 

Lernen und üben

Zurück von einer kleinen Studienreise können wir mit anrührend kraftvoller Bewegung und ein paar klischeehaft hinzugewonnen Pfunden diese Woche wieder Karate üben. Siehe beigefügtes Studienmaterial. Zeiten sind wie immer, Räume auch, es sei denn wir gehen am Samstag nach draußen. Das kündige ich dann nochmal an. 

Bis dahin lieben Gruß!

Malte

 

Herakles macht Aikido

Prüfungsprotokoll

Ihr Lieben,

 

ich habe auch mal wieder eine Prüfung gemacht ( immer nur welche abnehmen ist ja auch langweilig) und bin jetzt Heilpraktiker für Psychotherapie. Die mündliche Prüfung war in ihrer Intensität richtig goldig, so sehr, dass ich ein Gedächtnis Protokoll für sie geschrieben habe.

 

Hat Spass gemacht …

 

 

Gedächtnisprotokoll: 

Mündliche Prüfung zum Heilpraktiker Psychotherapie – Gesundheitsamt Lichtenberg – 16. Mai 2018

Prüfer waren eine Oberärztin und ein Assistenzarzt aus dem SPD Lichtenberg, sowie als Beisitzer ein gewisser Christoph Mahr, der laut der Empfangsdame eine Heilpraktikerschule in Berlin leite. ( Interner Witz, bei dem hab ich meinen Kurs gemacht.)

(Vorbereitung)

Prüfung beginnt ca 15 Minuten verspätet. Leicht absurde Szenerie, an einen Jacques Tati Film erinnernd. Das Gesundheitsamt sitzt in einem sehr kränklich wirkenden Plattenbau. Wäre er ein Mensch, hätte er eine sehr ungesunde Gesichtsfarbe. Das Treppenhaus riecht förmlich nach Asbest, das Haus scheint sich an sein Skelett geklammert gerade noch aufrecht zu halten und ergeben auf den Abriss zu warten. 

Auf dem 5. Stock ein langer schmaler Flur, an dessen Ende meine Mitkandidatin im Sonnenschein vor der offenen Notausgangstür Qi Gong Übungen macht. Derweil laufe ich vor dem Prüfungsraum wie ein nervöser Tiger auf und ab. Die Mitarbeiter des Gesundheitsamts gehen mit unbewegten Gesichtern vorbei, jaja, die Heilpraktiker sind wieder da. Aus ihren Augen spricht, dass sie Kummer mit denen gewohnt sind. 

(Prüfung erster Teil)

Die Prüfer erscheinen und sind ca halb so alt wie wir. Wir sitzen zu zweit auf der einen Seite des Tisches, sie zu dritt auf der anderen. Vorstellung und Abklärung der Formalien. Meine Mitkandidatin kann sich nicht entscheiden, also fange ich an und ziehe aus sechs angebotenen eine grüne Karteikarte zur sofortigen Beantwortung.

In der Vorbereitungssitzung zur mündlichen Prüfung in Lichtenberg bei Christoph hatte die Vortragende erklärt, zu 70% gebe es im ersten Durchgang Rechtsfragen, zu 30 % Therapiefragen und sonst eigentlich nichts. Meine Karte hält sich da nicht dran und fragt: 

Welche Klassifikationssysteme gibt es und was für Untergruppen von Störungen? Außerdem, welche Störungen darf ich als Heilpraktiker nicht behandeln?

Nichts fand ich langweiliger in der Vorbereitung als die ICD 10 auswendig zu lernen. Zum Glück habe ich es in den Tagen vorher aber eben doch getan, die schriftliche Prüfung war ja sehr darauf fokussiert gewesen. Und so kann ich bei acht von zehn Untergruppen mit fester Stimme die Nummer angeben und zumindest die wichtigsten Störungen darin. Bei F5 und F8, mit denen ich noch nie was anfangen konnte, nuschel ich leicht, das fällt aber niemandem richtig auf. Die Ärztin ist zufriedener als ich. 

Sie fragt dann noch nach Details einer der Störungsgruppen, ich wähle die affektiven. Sie interessiert sich besonders für schwere Depressionen, wie unterscheidet man die von leichteren? Für Depressionen gibt es einen Merkmalskatalog, den ich runterrassele  – je mehr Symptome davon vorhanden, desto schwerer der Grad der Depression. Bei schweren Depressionen ist außerdem immer das somatische Syndrom vorhanden, Morgentief, etc.. „ Aha, gut und was noch?“ fragt die Ärztin. Irgendwie erahne ich worauf sie hinauswill – „ Es kann psychotische Symptome geben!“- sie lächelt zufrieden und stoppt mich, als ich auch noch alle depressiven Wahninhalte aufzählen will. Irgendwie hat sie gemerkt, dass ich jetzt gerne alles abladen würde, was ich gelernt habe. 

Nicht zu behandeln von mir? – Alles was mit Medikamenten zu tun hat. Also Schizophrenien, schwere Depression und Manie, Delire. Keine körperlichen Ursachen, wie z.B. organische Demenzen. Epilepsie, schon gar nicht per OP. Da nur begleitend und stützend. Die Ärztin ist zufrieden. 

Meine Mitkandidatin hat es einfacher. (Finde ich. Sie auch, sagt sie im Nachhinein.). Ihre Karte fragt nach Neutralität und Abstinenz in der Psychoanalyse. Außerdem ob sie den Partner ihrer besten Freundin behandeln würde und was sie davon hält auf die Geburtstagsfeier einer Klientin zu gehen. Sie erläutert die Abstinenz sehr gut – Fernhalten vom sozialen Kreis des Klienten. Neutralität, also als Analytiker keine persönliche Meinung zu äußern, fällt irgendwie unter den Tisch oder ich habe nicht richtig zugehört. Die Frage nach dem Umgang mit persönlichen Beziehungen beantwortet sie sehr vage ( „Wäre ich vorsichtig.“ , „eher nicht,“ etc.), fährt damit aber sehr gut. Die Oberärztin ist zufrieden. 

Wir machen die Balkontür mal wieder auf, die schon beschlagen war, so schwül wurde es in dem Raum. Ich verfluche das Jackett, das ich mir zur Feier des Tages angezogen habe. 

(Prüfung 2. Teil) 

Der Fall (super interessant):

Eine 69 jährige Nonne kommt zu mir. Sie werde von den anderen Nonnen in ihrem Kloster gemobbt. Schon seit ihrer Kindheit hatte sie eine besondere Beziehung zu Gott und seit ihrer Pubertät Visionen. Dann sehe sie Dinge in goldenem Strahlenkranz. Für diesen direkten Blick ins Göttliche müsse sie immer wieder büßen, mit tiefem Schlaf und Erschöpfung. Die anderen Nonnen nehmen sie nicht ernst und schlagen ihr vor, sie solle doch mal dem Papst schreiben.

Die 5 Minuten Vorbereitungszeit schöpfe ich voll aus, denn erstmal scheint nichts so recht zu passen und ich fühle mich recht verloren. Da ein eindeutiger Heureka Moment nicht auftauchen will,  zwinge ich mich, systematisch die Störungen und mögliche körperliche Ursachen durchzugehen, um etwas zu finden, das zu den geschilderten Symptomen halbwegs passt. Auch die Fragestrategie und Fremdanamnesestrategie scheinen hier wichtig, denn mit den vorhandenen Infos ist mir nicht eindeutig klar, was hier vorliegt. 

Das entwickele ich dann auch für die Prüfer. 

Die Nonne kommt ja selbst zu mir, also ist sie nicht völlig psychotisch oder depressiv. ( Guter Punkt, nickt die Ärztin.)

Die anderen mobben sie. Das kann stimmen oder auf eine Paranoia hindeuten – Persönlichkeitsstörung? Verfolgungs- oder Beziehungswahn? Schizophrenie?  Der Assistenzarzt nickt begeistert. 

Die Gottesnähe – eine überwertige Idee par excellence. Manie? Geht sie sogar Richtung Größenwahn? Beide Ärzte nicken.

Die Visionen  – aus dem Text geht nicht so recht hervor, ob ihr unbekannte Objekte erscheinen –  die Muttergottes im Strahlenkranz? Oder nur ihre Zahnbürste im Strahlenkranz? (Ärztin nickt, das sei ihr auch aufgefallen.) Danach schläft sie tief. Das erregte Halluzinieren von Objekten gepaart mit plötzlichem Schlaf lässt mich neben Schizophrenie auch  an ein Delir denken. (Ärztin verzieht das Gesicht ). Zu einer reinen Wahrnehmungsstörung bekannter Objekte gefolgt von tiefem Schlaf habe ich mir  Epilepsie aufgeschrieben (Ärztin strahlt.) Man sollte sie fragen, ob Gott ihr auch schon mal in die Zunge gebissen hat, oder ob sie Urin lassen musste als Strafe. Das würde einen Epilepsieverdacht stützen. 

Epilepsie war das Zauberwort, ab da ist es ein kooperatives, kollegiales Gespräch, keine Prüfungskonfrontation mehr. Dementsprechend geht es auch etwas drunter und drüber. VD bleiben Epilepsie oder halluzinatorische Schizophrenie. 

Sowohl in der Vorbereitung als auch im Vortrag blieb ich immer wieder gedanklich daran hängen, dass die Visionen ja schon seit 50 Jahren bestehen. Darum halte ich eine Schizophrenie für nicht so wahrscheinlich, denn kann man unverändert über 50 Jahre immer wieder psychotische Schübe mit genau denselben Symptomen haben? Die Ärztin hält das für möglich.  Bei Epilepsie kann ich mir das eher vorstellen, sie auch. 

Um eine Schizophrenie auszuschliessen, brauchen wir hier dringend eine Fremdanamnese. Wir müssten die Nonne also dazu kriegen, dass sie mit der Schwester Oberin, o.ä. wiederkommt. Oder uns ins Kloster einlädt. 

Einen Tumor oder sonstige organische Ursachen schliesse ich wegen der 50 Jahre Beständigkeit aus. Die Ärztin fragt, woher ich denn weiss, dass die Symptome tatsächlich so lange bestehen. Vielleicht hat sie erst seit zwei Jahren einen Tumor, der ihr neben den Visionen auch die Überzeugung gibt, die seien schon immer da gewesen – guter Punkt…mehr kann ich dazu nicht sagen. Daran, der Nonne in dieser Hinsicht nicht zu glauben, hatte ich schlicht nicht gedacht. Wieder ist die Fremdanamnese kritisch. 

Ich bringe zur Sprache, dass die Nonne ja vermutlich gar keine Krankheitseinsicht und vielleicht auch gar keinen Leidensdruck hat. Sie ist aus ihrer Sicht halt schlicht nur die tollste Nonne und die anderen weniger toll und ferner von Gott. Wenn sich körperlich nichts findet, bin ich nicht so sicher, dass man überhaupt therapeutisch eingreifen muss. Fällt sie wirklich aus dem Rahmen im Kloster? Den Rückzug des Klosterlebens kann man als Negativsymptomatik von Schizophrenie deuten, oder eben auch als Lebensentscheidung.  Vielleicht sind die alle so. Die Ärzte stimmen zu. Ohne Leidensdruck kein Krankheitswert. Sie erkennen das als neuen Gedanken zum Fall an. 

Entsprechend problematisch würde auch die Fremdanamnese. Wie kriegt man sie dazu, Kontakt mit den anderen Nonnen zu zulassen? Zur allgemeinen Erheiterung schlage ich vor, dass sie andere Nonnen, die nicht so toll sind wie sie, mitbringt, um untersuchen zu lassen, was an denen denn falsch ist. 

Die Ärztin fragt noch, was genau in der Fremdanamnese wir denn in Erfahrung bringen wollen, liefert die Antwort, bevor ich überhaupt irgendetwas sagen kann, aber gleich selber mit – Stimmt, was die Nonne erzählt hat? Oder greift sie ihre Mitnonnen körperlich an? Benimmt sie sich sonst bizarr?  Und seit wann ist das so?

Ich schlage, falls sich die körperlichen Verdachtsmomente nicht bestätigen und sich aus der Klosteranamnese keine weiteren Anzeichen für Schizophrenie ergeben, ein Coaching der anderen Nonnen vor, um mit den Absonderlichkeiten unserer Nonne umzugehen. Allgemeines Nicken. Die Prüfung ist beendet. 

Meine Mitkandidatin hat den Fall des Ehemannes, der erst wochenlang mit Kopfweh herumliegt und dann nachts plötzlich Zimmer renoviert und vom Dampfer in die Havel springt. Sie steuert gemächlich auf eine Biploarität zu und verbringt viel Zeit damit zu diskutieren, ob sie der Frau glauben kann. Die Ärztin nickt sie wohlwollend entlang. 

(Nachgang)

Nach kurzer Beratung ruft man uns hinein und wir haben beide locker bestanden. Die Ärztin meinte, ich sei am Anfang wohl nervös gewesen, das Wissen sei ja da, warum ich so gehaspelt hätte. Ehrliche Haut, die ich bin, gestand ich, dass das Wissen mangels Interesse an F5 und F8 eben doch nicht ganz so klar war wie in anderen Bereichen. Sie lacht. Wir bedanken uns, holen unsere Rechnungen und gehen zur Sonne, zur Notfalltreppe. Die hinunter ist ein schöner Weg nach draussen.  

Ich habe mit Christoph nochmal am Telefon gesprochen und den einen Punkt angesprochen, den ich in seinem Kurs und im Skript anders machen würde – nämlich die Ausrichtung des Skripts am triadischen System aufzugeben. Ich fand das beim Lernen eher verwirrend und wenn die Tendenz, die Prüfungen so nah an der ICD 10 auszurichten, bestehen bleibt, ist es auch prüfungstechnisch nicht förderlich. Ich hoffe, er hat das als konstruktiven Vorschlag aufgenommen. 

Ansonsten waren der Kurs, seine Klarheit, die Einführung ins diagnostische Denken, das Umfeld, das er geschaffen hat und die Kontakte, die man bei ihm knüpfen konnte, nämlich allesamt großartig. 

Vielen Dank Christoph und viel Erfolg allen zukünftigen Kandidaten!

Malte Loos

 

Unser Seminar / Lessons Learned…

Gestern sind wir vom Karate Seminar aus Stolzenhagen zurück gekommen. Dort war es wie immer wunderschön und wir hatten sehr gute Bedingungen zum üben.

Die haben wir weidlich genutzt. Wie man dem Training in letzter Zeit ja vielleicht anmerkt, schraube ich gerade an seinen Fundamenten herum. In der Vergangenheit haben wir uns ganz darauf verlassen, den Körper so zu bearbeiten, dass er ganz weich wird und alle in ihn eingeschriebenen Gedanken loslassen muss. Ganz bewusst sind wir dabei jeder willentlichen Kontrolle aus dem Weg gegangen, und haben die Entscheidung, was aus uns herausgespült wird, ganz ihm selbst überlassen. Die Intensität der Katharsis war so immer groß, ihre Richtung aber unbestimmbar. 

Das war in vieler Hinsicht sehr gut und richtig. Man muss aber auch vorsichtig sein, dass der Ansatz nicht zu einer ideologischen Falle wird und nur kaschiert, dass man sich an manche Auseinandersetzungen mit sich selbst nicht heran traut. 

Drum haben wir in letzter Zeit und am Wochenende geübt, in sich einen Autonomieanspruch zu haben und auch in der Bewegung zu behalten. Den Anspruch dabei haben wir bewusst klein gehalten –  irgendwo in unserem Kopf sein zu dürfen. da kann ja eigentlich niemand was dagegen haben. Ebenso dort sein wollen zu dürfen und dort sein zu wollen. Das sind ja alle keine großen Ansprüche. Dasselbe in unserer Brust. Und unserem Bauch. Und unserem Becken. 

Aber eben jeweils nur in einem kleinen Teil davon. Es muss gar nicht alles entspannt und präsent sein. Gedanken, Gefühle, Druck, Leid, Last und Fixierung dürfen erstmal alle bleiben, wo sie waren. 

Nur passieren dann zwei Dinge: Zum einen werden Anspannungen und Fremdkörper relativ gesehen viel kleiner, wenn wir sie von einer Warte innerer Daseinsberechtigung ansehen. Man steht dann nicht mehr in einem Tal und schaut riesige Berge an, sondern steht selbst auf einem Gipfel und schaut auf andere Gipfel. Der Umschwung ist viel größer als das Größenverhältnis zwischen autonomen und gefühlsbesetztem Bereich vermuten lässt. Das ist nicht besonders logisch, aber das Hirn funktioniert nun mal einfach so. 

Zum anderen nimmt es unmerklich eine Verschiebung der Betonung vor, von in uns sein dürfen zu in uns sein dürfen. Wir müssen uns in einem Teil von uns nicht mehr beschäftigen mit den Zwängen und Gefühlen und Lasten und Fixierungen, die in uns  toben. In unserem kleinen Raum können wir davon ablassen und einfach nur  schauen. Wir können auf die Verdichtungen der Gefühlswelt gucken, müssen es aber nicht. Können also, wie es so schön heisst, die Gefühle anschauen aber nicht sie werden. Eine kleines Refugium, das sich nur nach uns anfühlt und in dem Ruhe herrscht, bleibt uns immer. 

Dieses Refugium bleibt ganz entspannt. So weich und entspannt, dass es zu Gefühlsanstrengungen und Verdichtungen gar nicht in der Lage ist. Es ist einfach nur und kann unsere Präsenz kaum filtern, verzerren oder verbergen. Unsere Präsenz tritt in ihm klar zutage und ist von außen leicht wahrzunehmen. Wir werden sehr klar. 

Dies hat nun bedeutende Auswirkungen auf unser Verhältnis zur Außenwelt. Jeder Mensch hat Spiegelneuronen in sich, die ihm intuitive Anpassung an das Innenleben des Gegenübers ermöglichen. Wer entspannt ist, hat eine beruhigende Wirkung auf seine Umwelt, wer angespannt ist die umgekehrte, aggressive Leute lösen Angst aus, freundliche Vertrauen, etc. 

Die Signalwirkung der Präsenz ist umso größer, je klarer sie ist. Wenn es uns gelingt, sie in Bewegung zu versetzen, ohne sie zu verzerren oder anzuspannen, ist ihr Signal vom Gegenüber am leichtesten wahrzunehmen und entfaltet über die Spiegelneuronen ihre größte Wirkung. 

Und so kommt es, dass nicht die größte Kraftanstrengung den größten Effekt hat, sondern die klarste Bewegung. Wenn wir es schaffen, den weichen, präsenten Teil, der zu schwach ist, sich anzuspannen, zu bewahren und wenn seine Bewegung als klares Signal unserer Präsenz nach außen geht, lädt es die Umwelt zum mitmachen ein. Dann können wir ohne Kraft werfen und unsere Schläge ohne Anstrengung platzieren. Der andere macht mit, nicht aus rationaler Entscheidung, sondern weil er intuitiv dem Signal unserer Präsenz folgt. Je klarer das ist, je mehr wir ablassen können von Verirrung und Verzerrung, desto klarer die Wirkung auf die Umwelt. 

Die Kunst des Loslassen wird so auch zu einer Kunst des Bewahrens. Sich immer wieder zurück zu bringen in den Zustand innerer Präsenz ist gerade in Konfrontation mit den Anstrengungen eigener Bewegung oder gar eines Kampfes unerlässlich. Es wird aber viel einfacher, wenn man versteht, dass man gar nicht den großen Schritt in einem gehen muss, sondern nur den kleinen, der das ursprüngliche Autonomierecht etabliert.

Es gibt viel zu tun…!

Gehen wir’s an.