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Mango ist tot.

Alfousane Kebbe, 1981-26.11.2018

Ihr Lieben,

unser Freund Alfousane Kebbe, genannt Mango, ist tot. Er starb letzte Woche am Montag im Krankenhaus Neukölln an Tuberkulose. Dort war er am Samstag eingeliefert worden, weil die Schwäche und das Unwohlsein, die er die ganzen letzten Wochen verspürt hatte, sich zu unsäglichen Schmerzen ausgewachsen hatten. Da begannen seine Leber und seine Nieren zu versagen, und das muss so fürchterlich gewesen sein, dass selbst die ständigen Beschwerden in seiner Lunge, in die die Bakterien sich stetig hineinfrassen, in den Hintergrund traten.

Von all dem wusste Mango nichts. Er war in den Jahren die wir ihn kannten, immer mal wieder krank gewesen. Er war aber nie auf die Idee gekommen, das könne etwas Ernstes sein. Mango hatte sich letzten Monat bei einem Arzt vorgestellt, der aber offensichtlich nicht weiter gedacht hatte, als er in seiner Lunge nichts Auffälliges hörte. In den letzten Tagen seines Lebens nahm die Krankheit dann rasant ihren Lauf. Mango schwand unter ihr buchstäblich dahin. Ich verstehe, warum man sie früher Schwindsucht nannte.

Jetzt liegt sein Körper in der Pathologie des Krankenhauses Neukölln und wartet auf die Überführung in seine geliebte Heimat. Die hatte er vor vielen Jahren verlassen, weil er in seinem kleinen Dorf in Gambia keine Zukunft sah für seine Tochter und auch nicht für sich selbst. Seiner Tochter eine Ausbildung zu ermöglichen war Mangos größtes Ziel. Bis zu seinem Tod hat er jeden Monat die nötigen Geldmittel dafür auftreiben können. Noch im Sommer schmiedete er Pläne, sie zum Studieren nach Deutschland zu holen.

Seine größte Hoffnung war, eines Tages seine Papiere zu erhalten und in Deutschland regulär arbeiten zu können. Dabei wäre er ohne Zweifel sehr erfolgreich geworden. Mango trat im Training häufig etwas unsicher auf, bisweilen sogar ein bisschen ungelenk. Das lag aber nur daran, dass er sprachlich oft nicht ganz verstand, was wir von ihm wollten. Wenn man mit ihm in Ruhe redete, wurde sehr schnell klar, was für eine Persönlichkeit da vor einem sass. Dann wurde man von seiner warmen Kraft berührt und eingenommen von seiner Klarheit und bodenständigen Klugheit. Er könnte auch über sich selber lachen und hatte echte Wärme für seine Mitmenschen.

Mango hatte auch einen ziemlich durchsetzungsstarken Willen. Er wäre mit weniger Hürden im Leben ein großartiger, erfolgreicher Geschäftsmann geworden. Er war auch ein begnadeter Schreiner. Wenn er eine Säge in die Hand bekam, wuchs er scheinbar um 10 Zentimeter und arbeitete mit größter Konzentration und Geschwindigkeit.

Die Hürden in seinem Leben waren enorm. Mango konnte nie eine Schule besuchen und nicht lesen und nicht schreiben. Als Geduldeter wurde er in Deutschland systematisch vom Staat aus der Gesellschaft ausgegrenzt. Man wollte ihn eben los werden.

Das war ziemlich doof, denn nicht nur war Mango ungemein begabt, sondern gerade wenn es um Geschäft und Handwerk ging, akkurat wie ein Preusse. Eine nicht perfekt parallele Parkettlinie liess er einfach nicht stehen, eine ausstehende Schuld genauso wenig.

Mangos Offenheit für Neues kann man sich gar nicht groß genug vorstellen. Als Hiesiger kann man sich kaum ausmalen, welche Hürden das Bewusstsein von ganz unten auch in der Gambianischen Gesellschaft zu kommen, die mangelnden Sprachkenntnisse, die kulturelle Unkenntnis und die organisierte Ablehnung durch Deutschland für ihn aufbauten. Ich habe fast zwei Monate gebraucht, um ihn davon zu überzeugen, dass es wirklich ok war, zum Karate Training mitzukommen. Er war der einzige aus seiner Gruppe, der den Schritt wagte. Es war ihm sichtlich peinlich.

Mango war immer sehr zurückhaltend darin, um etwas zu bitten. Teils war das Furcht vor Enttäuschung. Er war ungeheuer aufgeregt, wenn es schien, wir könnten ihm einen Bauarbeitsjob verschaffen und schmerzlich betrübt, wenn es wieder nicht geklappt hatte.
Teils war es sein innewohnender Stolz. Er wusste immer zu signalisieren, dass er alles unter Kontrolle hatte und keine Hilfe brauchte, selbst wenn das offensichtlicher Quatsch war. Sein Mitbewohner berichtet, dass er noch fünf Tage vor seinem Tod jede Einlieferung ins Krankenhaus ablehnte. Er wollte selber damit fertig werden.

Diese Sturheit zu überwinden war eine große Hürde. Nicht nur in diesem letzen Akt, sondern auch schon bei vielen kleineren Anlässen in den Jahren, wo wir ihn kannten. Vielleicht hat sie ihn am Ende das Leben gekostet.

Mir erscheint sein Ableben wie eine klassische Tragödie, in der tausend kleine Faktoren zusammenkommen, von denen jeder vielleicht unbedeutend sein mag, die aber am Schluß den Helden zu Fall bringen. Weil sie die guten Sinne der Menschen betäuben. Weil sie verhindern, dass man richtig mit einander kommuniziert. Weil sie uns davon abhalten, das Einfache und Richtige zu tun.

Mein Freund, ich werde Dich vermissen. Ich werde nie wieder nachts durch den Görli laufen und nach Dir Ausschau halten, mal freudig, mit Dir zu reden, mal schweigsam und insgeheim hoffend, dass Du mich nicht siehst. Wir werden nicht mehr auf der Parkbank sitzen und über Autopreise in Gambia philosophieren. Wir werden nicht mehr die Freude teilen, wenn Du im Karate wirklich etwas verstanden hast. Du wirst nicht mehr still mit gedrehtem Kopf lachen und Deine Wärme verbreiten, wie nur Du es konntest. Der Marabu aus Deinem Dorf wird nicht für unsere Gruppe beten.

Ich bitte Dich um Verzeihung. Für mein Land, dass Deinen Reichtum nicht haben wollte und Dich am Ende sterben liess. Für meine eigene Dummheit, auf Dich gehört zu haben, wenn Du mal wieder sagtest, alles werde gerade besser, so wie als wir vor ein paar Wochen das letzte Mal sprachen. Und ich bitte Dich um Verzeihung für die beiden roten Pfeile, die ganz oben in der Anrufliste stehen, wenn man Deinen Namen aufschlägt in meinem Telefon.

Ich weiss auch, dass ich nicht wissen konnte, wie schlimm es um Dich stand. Ich weiss auch, dass unter den beiden roten nach innen gerichteten Pfeilen 15 grüne, nach außen gerichtete stehen, jeder für einen erfolglosen Versuch, Dich zu erreichen in den Wochen zuvor. Und doch markieren die beiden Pfeile meine Schande: Als Du mich brauchtest, war ich nicht für Dich da. Als Du soweit warst, nach mir zu rufen, habe ich nicht geantwortet. Als Du dem Tode nahe warst, dachte ich, es wird schon nicht so dringlich sein und ich rufe schon bald zurück.

Verzeih mir mein Freund.

Du warst mir ein echter.

Malte

Miniseminar Karate

Hallo,

Wir freuen uns auf Euch!

Diesen Herbst machen wir ein konzentriertes Karateseminar. Wir halten es kurz und knapp und bleiben in Berlin. Wir üben Techniken im Äußeren und erfahren uns selbst im Inneren. Thema ist Loslassen als Kunst der Selbsterfahrung. Geeignet für Anfänger und Fortgeschrittene. Details im Flyer anbei. Wir freuen uns auf Euch! 

Fragen etc bitte stellen unter 0174 3790176 oder malte@innere-stille.net!!!

Hoch zum Himmel…

Hi,

unsere Mittwochsstunden wandern höher ans Licht. Ab dieser Woche üben wir regulär im 4. OG des Zentrum für Yoga und Stimme, nicht mehr im 3. OG. Die Zeiten blieben dieselben, also 18:30 Uhr für die stillen Stunden und 20:5 Uhr für’s Karate.

Der vierte Stock ist viel fliessender und heller, dafür etwas weniger erdig als der dritte. Wir freuen uns!

Sommerseminar zur Inneren Stille – Ortsänderung

Ihr Lieben,

 

Weisswasser bleibt uns verschlossen. Darum verlegen wir das diesjährige Stille Seminar nach Strohdehne an den Unterlauf der Havel. Dort ist es natürlich ganz anders aber ebenso schön. Wir haben viel Platz, Stille und klaren Himmel. Und Wildvögel. Und Weite. Und keine anstrengenden Berge. Wir können gut arbeiten, verkürzen unseren Aufenthalt aber um 2 Tage. Das Seminar geht von Freitag Abend ( den 13 . Juli ) bis Montag Nachmittag, den 16. Juli.

Hier ist die aktuelle Beschreibung.

 

Dear All,

our hut in Weisswasser remains inaccessible. Therefore we move the stillness seminar to Strohdehne, close to the Havel river northwest of Berlin. There is lots of space there, clear skies, and wild birds. No tiring mountains. We will work well but shorten our stay a bit – the seminar runs from July 13 to July 16 th only.

 

See you all in Strohdehne!

 

Malte

 

 

Lernen und üben

Zurück von einer kleinen Studienreise können wir mit anrührend kraftvoller Bewegung und ein paar klischeehaft hinzugewonnen Pfunden diese Woche wieder Karate üben. Siehe beigefügtes Studienmaterial. Zeiten sind wie immer, Räume auch, es sei denn wir gehen am Samstag nach draußen. Das kündige ich dann nochmal an. 

Bis dahin lieben Gruß!

Malte

 

Herakles macht Aikido

Prüfungsprotokoll

Ihr Lieben,

 

ich habe auch mal wieder eine Prüfung gemacht ( immer nur welche abnehmen ist ja auch langweilig) und bin jetzt Heilpraktiker für Psychotherapie. Die mündliche Prüfung war in ihrer Intensität richtig goldig, so sehr, dass ich ein Gedächtnis Protokoll für sie geschrieben habe.

 

Hat Spass gemacht …

 

 

Gedächtnisprotokoll: 

Mündliche Prüfung zum Heilpraktiker Psychotherapie – Gesundheitsamt Lichtenberg – 16. Mai 2018

Prüfer waren eine Oberärztin und ein Assistenzarzt aus dem SPD Lichtenberg, sowie als Beisitzer ein gewisser Christoph Mahr, der laut der Empfangsdame eine Heilpraktikerschule in Berlin leite. ( Interner Witz, bei dem hab ich meinen Kurs gemacht.)

(Vorbereitung)

Prüfung beginnt ca 15 Minuten verspätet. Leicht absurde Szenerie, an einen Jacques Tati Film erinnernd. Das Gesundheitsamt sitzt in einem sehr kränklich wirkenden Plattenbau. Wäre er ein Mensch, hätte er eine sehr ungesunde Gesichtsfarbe. Das Treppenhaus riecht förmlich nach Asbest, das Haus scheint sich an sein Skelett geklammert gerade noch aufrecht zu halten und ergeben auf den Abriss zu warten. 

Auf dem 5. Stock ein langer schmaler Flur, an dessen Ende meine Mitkandidatin im Sonnenschein vor der offenen Notausgangstür Qi Gong Übungen macht. Derweil laufe ich vor dem Prüfungsraum wie ein nervöser Tiger auf und ab. Die Mitarbeiter des Gesundheitsamts gehen mit unbewegten Gesichtern vorbei, jaja, die Heilpraktiker sind wieder da. Aus ihren Augen spricht, dass sie Kummer mit denen gewohnt sind. 

(Prüfung erster Teil)

Die Prüfer erscheinen und sind ca halb so alt wie wir. Wir sitzen zu zweit auf der einen Seite des Tisches, sie zu dritt auf der anderen. Vorstellung und Abklärung der Formalien. Meine Mitkandidatin kann sich nicht entscheiden, also fange ich an und ziehe aus sechs angebotenen eine grüne Karteikarte zur sofortigen Beantwortung.

In der Vorbereitungssitzung zur mündlichen Prüfung in Lichtenberg bei Christoph hatte die Vortragende erklärt, zu 70% gebe es im ersten Durchgang Rechtsfragen, zu 30 % Therapiefragen und sonst eigentlich nichts. Meine Karte hält sich da nicht dran und fragt: 

Welche Klassifikationssysteme gibt es und was für Untergruppen von Störungen? Außerdem, welche Störungen darf ich als Heilpraktiker nicht behandeln?

Nichts fand ich langweiliger in der Vorbereitung als die ICD 10 auswendig zu lernen. Zum Glück habe ich es in den Tagen vorher aber eben doch getan, die schriftliche Prüfung war ja sehr darauf fokussiert gewesen. Und so kann ich bei acht von zehn Untergruppen mit fester Stimme die Nummer angeben und zumindest die wichtigsten Störungen darin. Bei F5 und F8, mit denen ich noch nie was anfangen konnte, nuschel ich leicht, das fällt aber niemandem richtig auf. Die Ärztin ist zufriedener als ich. 

Sie fragt dann noch nach Details einer der Störungsgruppen, ich wähle die affektiven. Sie interessiert sich besonders für schwere Depressionen, wie unterscheidet man die von leichteren? Für Depressionen gibt es einen Merkmalskatalog, den ich runterrassele  – je mehr Symptome davon vorhanden, desto schwerer der Grad der Depression. Bei schweren Depressionen ist außerdem immer das somatische Syndrom vorhanden, Morgentief, etc.. „ Aha, gut und was noch?“ fragt die Ärztin. Irgendwie erahne ich worauf sie hinauswill – „ Es kann psychotische Symptome geben!“- sie lächelt zufrieden und stoppt mich, als ich auch noch alle depressiven Wahninhalte aufzählen will. Irgendwie hat sie gemerkt, dass ich jetzt gerne alles abladen würde, was ich gelernt habe. 

Nicht zu behandeln von mir? – Alles was mit Medikamenten zu tun hat. Also Schizophrenien, schwere Depression und Manie, Delire. Keine körperlichen Ursachen, wie z.B. organische Demenzen. Epilepsie, schon gar nicht per OP. Da nur begleitend und stützend. Die Ärztin ist zufrieden. 

Meine Mitkandidatin hat es einfacher. (Finde ich. Sie auch, sagt sie im Nachhinein.). Ihre Karte fragt nach Neutralität und Abstinenz in der Psychoanalyse. Außerdem ob sie den Partner ihrer besten Freundin behandeln würde und was sie davon hält auf die Geburtstagsfeier einer Klientin zu gehen. Sie erläutert die Abstinenz sehr gut – Fernhalten vom sozialen Kreis des Klienten. Neutralität, also als Analytiker keine persönliche Meinung zu äußern, fällt irgendwie unter den Tisch oder ich habe nicht richtig zugehört. Die Frage nach dem Umgang mit persönlichen Beziehungen beantwortet sie sehr vage ( „Wäre ich vorsichtig.“ , „eher nicht,“ etc.), fährt damit aber sehr gut. Die Oberärztin ist zufrieden. 

Wir machen die Balkontür mal wieder auf, die schon beschlagen war, so schwül wurde es in dem Raum. Ich verfluche das Jackett, das ich mir zur Feier des Tages angezogen habe. 

(Prüfung 2. Teil) 

Der Fall (super interessant):

Eine 69 jährige Nonne kommt zu mir. Sie werde von den anderen Nonnen in ihrem Kloster gemobbt. Schon seit ihrer Kindheit hatte sie eine besondere Beziehung zu Gott und seit ihrer Pubertät Visionen. Dann sehe sie Dinge in goldenem Strahlenkranz. Für diesen direkten Blick ins Göttliche müsse sie immer wieder büßen, mit tiefem Schlaf und Erschöpfung. Die anderen Nonnen nehmen sie nicht ernst und schlagen ihr vor, sie solle doch mal dem Papst schreiben.

Die 5 Minuten Vorbereitungszeit schöpfe ich voll aus, denn erstmal scheint nichts so recht zu passen und ich fühle mich recht verloren. Da ein eindeutiger Heureka Moment nicht auftauchen will,  zwinge ich mich, systematisch die Störungen und mögliche körperliche Ursachen durchzugehen, um etwas zu finden, das zu den geschilderten Symptomen halbwegs passt. Auch die Fragestrategie und Fremdanamnesestrategie scheinen hier wichtig, denn mit den vorhandenen Infos ist mir nicht eindeutig klar, was hier vorliegt. 

Das entwickele ich dann auch für die Prüfer. 

Die Nonne kommt ja selbst zu mir, also ist sie nicht völlig psychotisch oder depressiv. ( Guter Punkt, nickt die Ärztin.)

Die anderen mobben sie. Das kann stimmen oder auf eine Paranoia hindeuten – Persönlichkeitsstörung? Verfolgungs- oder Beziehungswahn? Schizophrenie?  Der Assistenzarzt nickt begeistert. 

Die Gottesnähe – eine überwertige Idee par excellence. Manie? Geht sie sogar Richtung Größenwahn? Beide Ärzte nicken.

Die Visionen  – aus dem Text geht nicht so recht hervor, ob ihr unbekannte Objekte erscheinen –  die Muttergottes im Strahlenkranz? Oder nur ihre Zahnbürste im Strahlenkranz? (Ärztin nickt, das sei ihr auch aufgefallen.) Danach schläft sie tief. Das erregte Halluzinieren von Objekten gepaart mit plötzlichem Schlaf lässt mich neben Schizophrenie auch  an ein Delir denken. (Ärztin verzieht das Gesicht ). Zu einer reinen Wahrnehmungsstörung bekannter Objekte gefolgt von tiefem Schlaf habe ich mir  Epilepsie aufgeschrieben (Ärztin strahlt.) Man sollte sie fragen, ob Gott ihr auch schon mal in die Zunge gebissen hat, oder ob sie Urin lassen musste als Strafe. Das würde einen Epilepsieverdacht stützen. 

Epilepsie war das Zauberwort, ab da ist es ein kooperatives, kollegiales Gespräch, keine Prüfungskonfrontation mehr. Dementsprechend geht es auch etwas drunter und drüber. VD bleiben Epilepsie oder halluzinatorische Schizophrenie. 

Sowohl in der Vorbereitung als auch im Vortrag blieb ich immer wieder gedanklich daran hängen, dass die Visionen ja schon seit 50 Jahren bestehen. Darum halte ich eine Schizophrenie für nicht so wahrscheinlich, denn kann man unverändert über 50 Jahre immer wieder psychotische Schübe mit genau denselben Symptomen haben? Die Ärztin hält das für möglich.  Bei Epilepsie kann ich mir das eher vorstellen, sie auch. 

Um eine Schizophrenie auszuschliessen, brauchen wir hier dringend eine Fremdanamnese. Wir müssten die Nonne also dazu kriegen, dass sie mit der Schwester Oberin, o.ä. wiederkommt. Oder uns ins Kloster einlädt. 

Einen Tumor oder sonstige organische Ursachen schliesse ich wegen der 50 Jahre Beständigkeit aus. Die Ärztin fragt, woher ich denn weiss, dass die Symptome tatsächlich so lange bestehen. Vielleicht hat sie erst seit zwei Jahren einen Tumor, der ihr neben den Visionen auch die Überzeugung gibt, die seien schon immer da gewesen – guter Punkt…mehr kann ich dazu nicht sagen. Daran, der Nonne in dieser Hinsicht nicht zu glauben, hatte ich schlicht nicht gedacht. Wieder ist die Fremdanamnese kritisch. 

Ich bringe zur Sprache, dass die Nonne ja vermutlich gar keine Krankheitseinsicht und vielleicht auch gar keinen Leidensdruck hat. Sie ist aus ihrer Sicht halt schlicht nur die tollste Nonne und die anderen weniger toll und ferner von Gott. Wenn sich körperlich nichts findet, bin ich nicht so sicher, dass man überhaupt therapeutisch eingreifen muss. Fällt sie wirklich aus dem Rahmen im Kloster? Den Rückzug des Klosterlebens kann man als Negativsymptomatik von Schizophrenie deuten, oder eben auch als Lebensentscheidung.  Vielleicht sind die alle so. Die Ärzte stimmen zu. Ohne Leidensdruck kein Krankheitswert. Sie erkennen das als neuen Gedanken zum Fall an. 

Entsprechend problematisch würde auch die Fremdanamnese. Wie kriegt man sie dazu, Kontakt mit den anderen Nonnen zu zulassen? Zur allgemeinen Erheiterung schlage ich vor, dass sie andere Nonnen, die nicht so toll sind wie sie, mitbringt, um untersuchen zu lassen, was an denen denn falsch ist. 

Die Ärztin fragt noch, was genau in der Fremdanamnese wir denn in Erfahrung bringen wollen, liefert die Antwort, bevor ich überhaupt irgendetwas sagen kann, aber gleich selber mit – Stimmt, was die Nonne erzählt hat? Oder greift sie ihre Mitnonnen körperlich an? Benimmt sie sich sonst bizarr?  Und seit wann ist das so?

Ich schlage, falls sich die körperlichen Verdachtsmomente nicht bestätigen und sich aus der Klosteranamnese keine weiteren Anzeichen für Schizophrenie ergeben, ein Coaching der anderen Nonnen vor, um mit den Absonderlichkeiten unserer Nonne umzugehen. Allgemeines Nicken. Die Prüfung ist beendet. 

Meine Mitkandidatin hat den Fall des Ehemannes, der erst wochenlang mit Kopfweh herumliegt und dann nachts plötzlich Zimmer renoviert und vom Dampfer in die Havel springt. Sie steuert gemächlich auf eine Biploarität zu und verbringt viel Zeit damit zu diskutieren, ob sie der Frau glauben kann. Die Ärztin nickt sie wohlwollend entlang. 

(Nachgang)

Nach kurzer Beratung ruft man uns hinein und wir haben beide locker bestanden. Die Ärztin meinte, ich sei am Anfang wohl nervös gewesen, das Wissen sei ja da, warum ich so gehaspelt hätte. Ehrliche Haut, die ich bin, gestand ich, dass das Wissen mangels Interesse an F5 und F8 eben doch nicht ganz so klar war wie in anderen Bereichen. Sie lacht. Wir bedanken uns, holen unsere Rechnungen und gehen zur Sonne, zur Notfalltreppe. Die hinunter ist ein schöner Weg nach draussen.  

Ich habe mit Christoph nochmal am Telefon gesprochen und den einen Punkt angesprochen, den ich in seinem Kurs und im Skript anders machen würde – nämlich die Ausrichtung des Skripts am triadischen System aufzugeben. Ich fand das beim Lernen eher verwirrend und wenn die Tendenz, die Prüfungen so nah an der ICD 10 auszurichten, bestehen bleibt, ist es auch prüfungstechnisch nicht förderlich. Ich hoffe, er hat das als konstruktiven Vorschlag aufgenommen. 

Ansonsten waren der Kurs, seine Klarheit, die Einführung ins diagnostische Denken, das Umfeld, das er geschaffen hat und die Kontakte, die man bei ihm knüpfen konnte, nämlich allesamt großartig. 

Vielen Dank Christoph und viel Erfolg allen zukünftigen Kandidaten!

Malte Loos

 

Unser Seminar / Lessons Learned…

Gestern sind wir vom Karate Seminar aus Stolzenhagen zurück gekommen. Dort war es wie immer wunderschön und wir hatten sehr gute Bedingungen zum üben.

Die haben wir weidlich genutzt. Wie man dem Training in letzter Zeit ja vielleicht anmerkt, schraube ich gerade an seinen Fundamenten herum. In der Vergangenheit haben wir uns ganz darauf verlassen, den Körper so zu bearbeiten, dass er ganz weich wird und alle in ihn eingeschriebenen Gedanken loslassen muss. Ganz bewusst sind wir dabei jeder willentlichen Kontrolle aus dem Weg gegangen, und haben die Entscheidung, was aus uns herausgespült wird, ganz ihm selbst überlassen. Die Intensität der Katharsis war so immer groß, ihre Richtung aber unbestimmbar. 

Das war in vieler Hinsicht sehr gut und richtig. Man muss aber auch vorsichtig sein, dass der Ansatz nicht zu einer ideologischen Falle wird und nur kaschiert, dass man sich an manche Auseinandersetzungen mit sich selbst nicht heran traut. 

Drum haben wir in letzter Zeit und am Wochenende geübt, in sich einen Autonomieanspruch zu haben und auch in der Bewegung zu behalten. Den Anspruch dabei haben wir bewusst klein gehalten –  irgendwo in unserem Kopf sein zu dürfen. da kann ja eigentlich niemand was dagegen haben. Ebenso dort sein wollen zu dürfen und dort sein zu wollen. Das sind ja alle keine großen Ansprüche. Dasselbe in unserer Brust. Und unserem Bauch. Und unserem Becken. 

Aber eben jeweils nur in einem kleinen Teil davon. Es muss gar nicht alles entspannt und präsent sein. Gedanken, Gefühle, Druck, Leid, Last und Fixierung dürfen erstmal alle bleiben, wo sie waren. 

Nur passieren dann zwei Dinge: Zum einen werden Anspannungen und Fremdkörper relativ gesehen viel kleiner, wenn wir sie von einer Warte innerer Daseinsberechtigung ansehen. Man steht dann nicht mehr in einem Tal und schaut riesige Berge an, sondern steht selbst auf einem Gipfel und schaut auf andere Gipfel. Der Umschwung ist viel größer als das Größenverhältnis zwischen autonomen und gefühlsbesetztem Bereich vermuten lässt. Das ist nicht besonders logisch, aber das Hirn funktioniert nun mal einfach so. 

Zum anderen nimmt es unmerklich eine Verschiebung der Betonung vor, von in uns sein dürfen zu in uns sein dürfen. Wir müssen uns in einem Teil von uns nicht mehr beschäftigen mit den Zwängen und Gefühlen und Lasten und Fixierungen, die in uns  toben. In unserem kleinen Raum können wir davon ablassen und einfach nur  schauen. Wir können auf die Verdichtungen der Gefühlswelt gucken, müssen es aber nicht. Können also, wie es so schön heisst, die Gefühle anschauen aber nicht sie werden. Eine kleines Refugium, das sich nur nach uns anfühlt und in dem Ruhe herrscht, bleibt uns immer. 

Dieses Refugium bleibt ganz entspannt. So weich und entspannt, dass es zu Gefühlsanstrengungen und Verdichtungen gar nicht in der Lage ist. Es ist einfach nur und kann unsere Präsenz kaum filtern, verzerren oder verbergen. Unsere Präsenz tritt in ihm klar zutage und ist von außen leicht wahrzunehmen. Wir werden sehr klar. 

Dies hat nun bedeutende Auswirkungen auf unser Verhältnis zur Außenwelt. Jeder Mensch hat Spiegelneuronen in sich, die ihm intuitive Anpassung an das Innenleben des Gegenübers ermöglichen. Wer entspannt ist, hat eine beruhigende Wirkung auf seine Umwelt, wer angespannt ist die umgekehrte, aggressive Leute lösen Angst aus, freundliche Vertrauen, etc. 

Die Signalwirkung der Präsenz ist umso größer, je klarer sie ist. Wenn es uns gelingt, sie in Bewegung zu versetzen, ohne sie zu verzerren oder anzuspannen, ist ihr Signal vom Gegenüber am leichtesten wahrzunehmen und entfaltet über die Spiegelneuronen ihre größte Wirkung. 

Und so kommt es, dass nicht die größte Kraftanstrengung den größten Effekt hat, sondern die klarste Bewegung. Wenn wir es schaffen, den weichen, präsenten Teil, der zu schwach ist, sich anzuspannen, zu bewahren und wenn seine Bewegung als klares Signal unserer Präsenz nach außen geht, lädt es die Umwelt zum mitmachen ein. Dann können wir ohne Kraft werfen und unsere Schläge ohne Anstrengung platzieren. Der andere macht mit, nicht aus rationaler Entscheidung, sondern weil er intuitiv dem Signal unserer Präsenz folgt. Je klarer das ist, je mehr wir ablassen können von Verirrung und Verzerrung, desto klarer die Wirkung auf die Umwelt. 

Die Kunst des Loslassen wird so auch zu einer Kunst des Bewahrens. Sich immer wieder zurück zu bringen in den Zustand innerer Präsenz ist gerade in Konfrontation mit den Anstrengungen eigener Bewegung oder gar eines Kampfes unerlässlich. Es wird aber viel einfacher, wenn man versteht, dass man gar nicht den großen Schritt in einem gehen muss, sondern nur den kleinen, der das ursprüngliche Autonomierecht etabliert.

Es gibt viel zu tun…!

Gehen wir’s an.

Seminarwoche / Seminar week!

Hallo Ihr,

diese Woche ist Seminarwoche. Für die Armen, die nicht mitkommen können, heißt das, dass es Freitag und Samstag keine Stunde gibt und ihr uns  hinterherschmachten müsst.

Für die anderen bedeutet es Seligkeit und Glück.

Heute ist aber noch ganz normales Training.

Bis dahin lieben Gruß!

Malte

HI All,

the seminar is nest weekend. That means that those who can’t participate will go free over the weekend and have time to longingly yearn for us. The others of course will live pure bliss.

Classes tonight take place as scheduled!

Best regards,

Malte

Erinnerung Karate Seminar und Training diese Woche / Reminder Karate Seminar and Practice this week

Hallo,

diese Woche ist das Wetter wieder normal, unsere Uhrzeiten sind normal,  nur das Training ist wie immer überdurchschnittlich toll.

Also wenn ich nicht noch nen Rappel kriege und am Wochenende zur 50 Jahresfeier der NAKF nach Boston fliege. Dann müsste Jan das Training am Samstag machen. Das ist aber auch toll.

Ansonsten nochmal eine Erinnerung an unser absolut geniales Karateseminar vom 4.-6. Mai in Stolzenhagen.Wir verbinden Weiches mit Hartem und lassen unsere Masse sprechen. Und lernen Heian Godan.

Lieben Gruß bis dahin!

Malte

 

 

Dear All, this week everything is back to normal the weather, the season and our practice times. Training is still incredibly excellent though.

As will be the Karate Seminar in Stolzenhagen May 4th to 6th. Don’t forget to sign up, soon.

 

Best regards and greetings!

 

Malte

 

Frühjahrsseminar Karate / Spring Seminar Karate

Ihr Lieben,

ich hab endlich in Worte fassen können, was wir im Frühjahrsseminar eigentlich tun werden. Wir konzentrieren uns auf achtsamen Kampf. Das heisst uns unseren Instinkten zu entziehen, uns selbst eine Erzählung im Kampf zu geben ( Furcht, Aggression, etc ). Dann können wir umso leichter die Erzählung des gegnerischen Impulses überwinden und dessen neutrale Energie für uns nutzbar machen.

Training wird intensiv und Partner orientiert. Schön wird es wie immer allemal.

Bitte gerne teilen und gerne Fragen stellen. Das Seminar Programm ist anbei.

Stillen Gruß an alle,

Malte

 

Dear All,

I finally managed to put into words our plans for the Intense Karate Spring Seminar, May 4th-6th. Our focus will be on mindful fighting. We practice to escape our instincts to tell ourselves a story about our opponent and the fighting situation. We thus enable ourselves to look beyond our opponents fighting story and access the neutral essence of his energy, putting it to good use for ourselves.

Practice will be partner oriented and intense. Setting is beautiful as always.

Don’t hesitate to share or inquire for more information. Extensive prospectus (in German) is attached)

See you all in Stolzenhagen!

Malte

Beschreibung Frühjahr 2018