Winter

Das Training in Karate und Qi Gong passt sich an die Jahreszeiten an und hat in ihnen unterschiedliche Bedeutung. Um den Jahreswechsel herum machen Kälte und Dunkelheit die Welt langsamer. Es liegt weniger Energie in der Luft und alle Kreaturen sind im Winterschlaf.

Wie mit allen Bedürfnissen geht man mit dem Winterschlafbedürfnis am besten „weich“ um, sucht also nicht, es mit Gewalt zu bezwingen. Man kann ihm nachgeben und es geniessen – dafür ist die Winterpause da – oder man lässt es aus dem Körper träufeln und  im Innern Leere schaffen.

Draussen mag es dann kalt sein, aber im leeren Raum des Innern breitet sich die eigene Wärme aus. Draussen mag es dunkel sein, aber im Innern leuchtet es. Draussen mag alles starr sein, aber im Innern ist man weich.

Wenn es im Innern still und hell ist, wird der Winter wunderschön. Die Umwelt ist im Winter still und man ist mit seinem eigenen Licht ungestört allein. Selbst in einer Großstadt wie Berlin hat man sehr viel Platz, weil alle anderen sich in sich zurückziehen. Die innere Stille wird nicht von außen gestört und man kann sich ganz besonders klar erleben.

Damit die Bedürfnisse abfliessen, muss man sich allerdings ein wenig in sich selbst verlieren. Darum sind die Trainingsstunden zu Jahresbeginn innerlich etwas intensiver – wie inzwischen alle herausgefunden haben dürften.

Wie üblich bitte ich um Kommentare. Wie wirken Karate und Qi Gong auf Euch im Winter? Klappt das mit innerer Leere, Wärme, Kraft und Leichtigkeit? Könnt Ihr die Winterstille besser geniessen? Hilft das Training mit Laune und Gesundheit? Ich bin für jedes Feedback dankbar.

Malte

5 Gedanken zu „Winter

  1. mark wagner

    Diese erste Stunde nach der Winterpause war hart. Maltes weiche Uebungen haben mich sehr gefordert. Als wir (das eine Bein gestreckt, das andere tief gebeugt) den Boden streichelten, kam das berühmte Zittern, das in Wellen duch den Körper geht. Etwas war neu für mich: Zum ersten Mal spuerte ich in diesem Zittern nicht nur meine mueden Muskeln, sondern die unterdrueckte angst, die sorgen und die vielen kleinen Selbstbetruegereien, die sich in der karatefreien Zeit in meinem ganz gewöhnlichen Leben angesammelt hatten. Jetzt durften sie heraus, weil es einen Ausgang gab und sie kamen heraus. Es gibt Dinge, die der historische Materialismus nicht erklären kann. 🙂

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  2. Christoph Berger

    Nachdem ich es am Donnerstag bei Karate nicht hinbekommen hatte, innere Ruhe und Konzentration zu finden, hat es heute Morgen beim Qi Gong richtig gut geklappt. Ich merkte, wie alles Schwere aus mir in den Boden floss und ich dadurch ganz leicht wurde. Ich konnte mich voll auf die Übungen einlassen und nahm irgendwann nicht einmal mehr das Plätschern des künstlich angelegten Wasserlaufs wahr.

    Zwar forderte Malte uns auf, einen Stand fast unerträglich lange zu stehen, doch seine Anweisung half: „Drückt den Schmerz einfach in den Boden und widersteht ihm!“ So blieb alleine das Zittern der Anstrengung zurück – allerdings eine angenehme.

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    1. malteloos Beitragsautor

      Zwar forderte Malte uns auf, einen Stand fast unerträglich lange zu stehen…

      Die fünf Minuten…wart mal aufs Seminar…

      Stehen und alles nach unten tragen lassen ist sehr wichtig. Man nimmt sich ganz zurück und lässt dem Qi Strom seinen Lauf. Der sucht sich dann schon, was er wegtragen will. Die Demut, das auszuhalten, ist zentraler Schlüssel zur inneren Freiheit.

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  3. malteloos Beitragsautor

    Und zum Zittern: Es ist nicht ganz richtig, das Zittern als Zeichen von Anstrengung zu sehen. Es ist eher frei zittern. Man zittert nicht, weil es so anstrengend ist, sich oben zu halten, sondern weil der Körper sich fallen lassen will und dann von alleine schwebt. Dem Fallenlassen nachzugeben ist gerade die große Aufgabe.

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